EDIT/UPDATE:

Also was ich bis jetzt rauslesen kann ist das tatsächlich viele sich als Gesamtdeutsche fühlen auch wenn es noch Probleme gibt die aufgearbeitet gehören.

Das ist mmn. ein ziemlich schönes Bild!

Ich liebe die Vielfältigkeit an Kultur und Landschaft die Deutschland bietet und würde diese für nichts auf der Welt missen wollen! Natürlich gibt es immer mal freundliche revalitäten zwischen den einzelnen Bundesländern. Aber so sind wir ebend! Meckern gehört in Deutschland nun mal zum guten Ton!


Ich lebe im (Nord-)Osten Deutschlands, geboren und aufgewachsen bin ich aber in Westdeutschland. Ich sehe mich aber nicht als Westdeutscher. Ich sehe mich schlicht als Deutscher.

Ich lese immer wieder in Artikeln und Berichten das Deutschland immer noch geteilt sei, das die Wiedervereinigung gescheitert sei usw. . Aber ehrlich gesagt scheint mir das ein Bild zu sein was ich nur von Personen von 40+ kenne. Alle jüngeren Leute die ich kennen gelernt habe war die DDR und die deutsche Teilung relativ egal.

Wir sehen uns einfach als Gesamt-Deutsche. Außerdem ist es ein Thema über das wir kaum bis gar nicht reden. Vielleicht weil keiner von uns das wirklich miterlebt hat.

Was ich mich jetzt jedoch Frage ist ob das ein verbreitetes Phänomen ist oder ob das nur an meinem Umgang liegt.

Fühlt ihr euch eher als Ost/West-Deutsch oder eher einfach als Gesamt-Deutsch? Und in welcher Altersgruppe befindet ihr euch?

Vielleicht habt ihr auch eine ganz andere Meinung dazu?

Mich interessiert es und ich freue mich über jeden Beitrag dazu!

  • tryptaminev 🇵🇸 🇺🇦 🇪🇺@feddit.de
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    1 year ago

    Klares Ja. Ich bin nach der Wende geboren, mein ältestes Geschwisterkind ist noch in der DDR geboren.

    Die Brüche durch die Wende haben meine Familiengeschichte sehr stark geprägt. Da sind die Trainerqualifikationen der Eltern im Sport, die pauschal im westdeutschen Verband abgewertet wurde, obwohl ihr Ausbildungsniveau höher als im Westen war. Da ist der Kampf um die Berufszulassung, die nur mit Nachschulung und Prüfung erlangt werden konnte, in denen einen “Besserwessis” von oben herab die Welt erklärt haben. Mit solchen Geschichten aufzuwachsen, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, der Verlust an Solidarität und die Notwendigkeit “Ellenbogen raus” im Kapitalismus erst lernen zu müssen, hat meine Familie stark belastet und geprägt.

    Das sind Sachen, die man als Kind in den Geschichten nur halb versteht, aber doch deutlich spürt, etwa in der “gemischten” Oberschule, wo das Einkommens- und Vermögensniveau der Westdeutschen Familien im Schnitt deutlich besser war, obwohl die Qualifikationen deutlich geringer sind. Oder im Sportverein, wo die Ostdeutschen deutlich eher bereit waren sich einzubringen und es als eine gemeinsame Aktivität erstanden haben, während viele Westdeutsche Eltern eher mit einer Dienstleistungmentalität rangegangen sind, obwohl der Vereinsbeitrag bei einem kommerziellen Anbieter keine vier Stunden bezahlt hätte.

    Schließlich muss ich jetzt als junger Erwachsener auch immer wieder meinen Eltern erklären, dass sie in einem anderen Land aufgewachsen sind. Ich muss neben dem Studium arbeiten, während sie ein staatliches Stipendium bekommen haben. Förderung und Forderung durch die Professoren findet bestenfalls während der Abschlussarbeit oder in seltenen Projekten statt, aber sie sind nicht Teil der regulären Lehre. Bei der Bewerbung um eine Stelle muss man sich erstmal aufbauschen und als den tollsten Hecht im See verkaufen, bevor man im Bewerbungsgespräch langsam auf ein normales Niveau runtergehen darf. Wer sich nicht verkaufen kann, bekommt nichts. Wenn man sich im Freundes- und Bekanntenkreis gegenseitig hilft, muss man sehr genau darauf achten, dass man die Balance wahrt, weil viele Leute das nicht von sich aus tun, und nur nehmen ohne zu geben.

    Und dann sind da noch die Großeltern, die die Wende nie richtig verarbeitet haben und sich in jeder Situation in die Opferrolle begeben “Ja guck mal die Ukrainer bekommen ja viel schneller einen Termin auf dem Amt und wir müssen 6 Wochen warten!” obwohl sie im Eigenheim sitzen und keine volglestopften Terminpläne haben…

    Also auch wenn ich nach der Wende geboren wurde, merke ich es doch sehr deutlich in den Familienbiografien und -kulturen. Ich glaube es wird auch noch Generationen nachwirken, so wie der 2. Weltkrieg noch deutlich im Umgang mit Emotionen, “In die Arbeit flüchten, verschweigen und verdrängen, bis es nicht mehr geht.” in Deutschland spürbar ist.